Im Sommer 2020 reisen die Deutschen am liebsten kontaktlos. Apps gibt es praktisch für die ganze Reisekette und alle Verkehrsmittel. Wir gehen auf Tour durch Hessen und testen, wie das kontaktlose Reisen per App und Ipad klappt.

Egal, ob Bus, Bahn oder Hotel – es gibt unzählige Apps, die kontaktloses Reisen möglich machen. Doch wie gut klappt das wirklich? Das wollen wir mit einer Reise per App und mit  so vielen Verkehrsträgern wie möglich herausfinden.

Einmal Frankfurt – Kassel und zurück

Und das ist unsere Route: Vom Kasseler hr-Funkhaus geht es zunächst per Straßenbahn zum Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe. Von dort aus fahren wir mit dem Fernzug ins Bahnhofshotel nach Frankfurt. Dann geht’s mit dem Taxi zum Frankfurter Flughafen und mit dem Mietwagen zurück nach Kassel.

Los geht’s  für mich und meinem Kameramann mit dem Kasseler Nahverkehr –  per Straßenbahn wollen wir zum ICE-Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe.

Per Straßenbahn zum Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe

Der Nordhessische Verkehrsverbund bietet schon seit mehr als 8 Jahren die Möglichkeit, per App  ans Nahverkehrsticket zu kommen. Doch bei uns will das nicht so recht klappen. Immer wieder tritt ein SSL-Fehler auf. Erst an der Haltestelle funktioniert das Buchen in der App.

Dann rauscht auch schon die Straßenbahn heran, die uns zwei Haltestellen bergab zum ICE-Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe bringt. Dort starten wir unsere zweite Reiseetappe: Mit dem Fernzug soll es zum Frankfurter Hauptbahnhof gehen.

Abstand, Hygiene und Alltagsmaske – wir merken, das ist auch die neue Normalität bei der Bahn. Gut tut auch, dass es im Bahnhof die Möglichkeit gibt, sich an der „Desi-Station“ die Hände zu desinfizieren.

Mit dem DB-Navigator im ICE nach Frankfurt

Vor Abfahrt müssen wir aber noch unsere Fahrkarte kaufen. Bereits seit dem WM-Sommer 2006 bietet die Bahn ein mobiles Ticket, damals noch per MMS. Unsere Bahnreise heute läuft über den „DB-Navigator“ – der uns auch zeigt, wo unser Wagen hält.

So stehen wir bei der Einfahrt genau richtig, können direkt in unseren Wagen einsteigen und im reservierten Abteil Platz nehmen. Unser Zug ist pünktlich. Die Fahrkartenkontrolle klappt auch. Aber: wir konnten keinen Komfort Check-in machen.

Probleme mit dem DB-Komfort-Checkin

Mit dem Komfort-Checkin in der Bahn-App kann man sich selbst im Zug anmelden und den Schaffnerkontakt bei der Fahrkartenkontrolle umgehen – Doch warum klappte das bei uns nicht? Auf Nachfrage erklärt uns die Bahn:

„Der Komfort Check-in (…) wird in ICE und ausgewählten Intercity-Zügen angeboten (… und) läuft sehr stabil (…). Warum Ihr Versuch, Einzuchecken nicht geklappt hat, können wir leider nicht nachvollziehen.“

Kontaktloses Reisen ist beliebt im Corona-Sommer 2020

Trotz Corona ist unser Zug gut gefüllt – das deckt sich mit einer Studie der Hochschule Fresenius. Immerhin 57 Prozent der Befragten sind in den Sommerferien verreist. Und ihr beliebtestes Reiseland ist eben: Deutschland, erklärt uns Professorin Carolin Steinhauser.

„Wenn sie nicht nach Deutschland reisen, reisen sie vor allem an sehr nahe gelegene Orte wie zum Beispiel auch Österreich, aber eben vorwiegend mit dem Auto. Und sie vermeiden dieses Jahr vor allem auch das Flugzeug und die weiten Fernreisen“, so Steinhauser.

Per App ins Hotel-Zimmer

Unsere dritte Etappe starten wir direkt nach der Ankunft im Frankfurter Hauptbahnhof. Zu Fuß marschieren wir ins Intercity-Hotel, in dem wir ein Zimmer gebucht haben. Seit vier Jahren ist es bei der Hotelkette möglich, per App einzuchecken und ins Zimmer zu kommen – ganz ohne Gang zur Rezeption.

Mit Blick auf die Frankfurter Skyline starten wir in die vierte Etappe … Mit dem Taxi wollen wir direkt zum Frankfurter Flughafen , und dort unseren vorab gebuchten Mietwagen in Empfang zu nehmen.

Mit dem Großraumtaxi zum Frankfurter Flughafen

Seit 2019 ist Freenow die gemeinsame Mobilitätsplattform von BMW und Daimler. Um den Abstand möglichst weit zu halten, entscheiden wir uns in der App für ein Großraumtaxi.

Es kommt Zlatko mit seinem Touran, der uns auf der Fahrt zum Flughafen von den geringen Fahrgastzahlen und seinen Sorgen erzählt – und von uns deshalb auch etwas mehr Trinkgeld bekommt. Die Bezahlung erfolgt per Kreditkarte.

Wir konnten sogar das Trinkgeld noch in der App auswählen. Das lief wirklich Problem und auch kontaktlos, so unser Zwischenfazit kurz nach unserer Ankunft am Frankfurter Flughafen. Diesen erleben wir zu Beginn unserer letzten Etappe so leer wie noch nie.

Mietwagen-Checkin nur am persönlich am Schalter

Auch unten im Mietwagengeschoss ist fast nichts los. Sixt – unser Mietwagenabieter – hat im vergangenen Jahr seine App relauncht und bietet eigentlich eine kontaktlose Anmietung an, die wir natürlich extra gebucht hatten.

Und eigentlich wollten wir jetzt genau das machen, was die Sixt-Werbung verspricht: am Schalter vorbei, direkt zum Mietwagen mit der „Sixt Fastlane“. Dafür war ich auch freigeschaltet. Aber per Mail schreibt man uns trotzdem, dass wir zum Schalter müssen.

Sixt erklärt uns dazu: „Die gewählte Option (…) ist leider noch nicht über „Sixt Fastlane“ verfügbar. (…) Zukünftig werden wir (aber) immer mehr Fahrzeuge unserer weltweiten Flotte über Telematik miteinander vernetzen.“

Sehnsucht nach der einen Mobilitäts-App für alle Verkehrsmittel

Und so haben wir am Sixt-Schalter den längsten Kontakt mit anderen Menschen auf unserer Reise, bevor wir dann endlich wieder allein im eigenen Mietwagen sind und zurück nach Kassel rollen.

Unser Zwischenfazit: Das mit der Smart Mobility in Deutschland funktioniert schon ganz gut. Aber ehrlich gesagt nervt dieses Hin und Her: App runterladen, neu registrieren, immer wieder neu. Da muss man doch was machen können.

Und die Anbieter sind auch schon dran an einer App für alle, erklärt uns Volker Blees, Mobilitätsforscher an der Hochschule Rhein-Main. Er sagt uns: „wir haben eine ganze Reihe von, ach, eigentlich eine unübersehbare Fülle von Aktivitäten in Richtung integrierter Lösung.“

„Jelbi“ aus Berlin als Vorbild

Und er fügt hinzu: „Wo man sich so etwas tatsächlich mal man anschauen kann, ist beispielsweise Jelbi in Berlin, wo sich eine ganze Reihe von Anbietern zusammengetan haben“, so Blees.

Alle Verkehre in einer App … das hat nicht nur Jelbi im Angebot. Auch der Rhein-Main Verkehrsverbund arbeitet gemeinsam mit 12 Parntern an „Mobility inside“ – einer Softwarelösung, die bald möglichst viele Nahverkehrspartner in Deutschland nutzen können.

Vieles hat geklappt, einiges war holprig

Einmal Kassel – Frankfurt und zurück – nach einigem Hin und Her endet unsere Expedition in die Welt der „Smart Mobility“ – im Dunkeln auf dem Mietwagenparkplatz. Vieles hat geklappt, einiges lief noch etwas holprig.

Aber die einheitliche App für alle Verkehrsmittel, die würde uns schon sehr nach vorne bringen. Und eine Möglichkeit, den Mietwagenschlüssel auch ohne den lästigen Kontakt mit der rostigen Schublade wieder zurückzugeben.

Dieser Film zum Thema „Smart Mobility“ lief bei „mex – das Marktmagazin“  am 19.08.2020 um 20:15 Uhr im hr-fernsehen.