Nicht erst seit der Juli-Flut wird überlegt, wie Städte Starkregen besser bewältigen können. Eine Idee: die „Schwammstadt“. So arbeitet etwa Offenbach seit 2017 an einem aktiven Wassermanagement.
Im Offenbacher Stadtteil Bieber sind sie es mittlerweile schon gewohnt: Immer wieder tritt das kleine einbetonierte Flüsschen bei Starkregen über die Ufer. Die Folge: überflutete Wege und Wasser, das in die Keller der benachbarten Häuser schwappt. Und weil Starkregen auch anderswo in Offenbach zu Verkehrsbehinderungen und Katastropheneinsätzen führt, haben sie sich hier bereits 2017 entschieden, nicht mehr nur auf Klimaschutz, sondern auch auf Klimaanpassung zu setzen – unter anderem mit einem aktiven Wassermanagement.
„Es muss sehr viel passieren, um Starkregen in irgendeiner Form bewältigbar zu machen“, sagt Heike Hollerbach, Leiterin des Umweltamtes der Stadt. „Das heißt, wir müssen uns mit unserer versiegelten Fläche in der Innenstadt befassen. Jedes Gebäude, das jetzt gebaut wird, muss auf Starkregenereignisse ausgelegt werden.“ Damit meint sie, dass die Infrastruktur eines Hauses nicht mehr durch das Wasser beschädigt werden kann.
Basis für diese neue Art des Wassermanagements sind sogenannte Starkregenkarten. Das sind Karten, auf denen nach einer eingehenden Analyse genau eingezeichnet wird, wo Hochwassergefahren bestehen, wo das Wasser genug Platz zum Ausdehnen hat und wo der Boden möglicherweise zu sehr bebaut ist.
Experte: Städte sollten zu „Schwammstädten“ werden
Dass das nötig ist, zeigen neueste Analysen des Deutschen Wetterdienstes (DWD), des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) sowie anderer Behörden. Beim Abgleich von Regenradarbildern und Feuerwehreinsätzen stellten die Experten fest: Statt großflächigem Dauerregen werden die lokalen Starkregenereignisse immer häufiger – und sie sind besonders gefährlich dort, wo die Erde versiegelt ist und das Wasser nicht abfließen kann. Eine Lösungsmöglichkeit: Entsieglung, breitere Grünflächen, Regenrückhaltebecken.
Für Peter Jakubowski vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Städteplanung ist deshalb klar: Die Städte sollten sich zu sogenannten Schwammstädten weiterentwickeln. „Jeder Kubikmeter Wasser muss letztlich davon abgehalten werden, sich zu einer Sturzflut zu verdichten. Das ist die Aufgabe, die sich leicht anhört, aber im städtischen Kontext durchaus komplex umzusetzen ist.“
Es sei ene Jahrhundertaufgabe, was den Aufwand und die Investitionen angeht, so Jakubowski. „Das Dilemma besteht darin, dass wir nicht so viel Zeit haben und gleichzeitig eine konzertierte Aktion von Bund, Ländern und Gemeinden brauchen. Und natürlich die Unterstützung durch die Wissenschaft.“
Arbeit an Klimakonzept für 2050
In Offenbach sind sie auf dem Weg in Richtung Schwammstadt schon einen Schritt weiter. Vergangenes Jahr haben sie das Klimakonzept für 2035 verabschiedet, gerade schreiben sie ihr Klimaanpassungskonzept bis zum Jahr 2050 fort. Und zwar nicht nur alleine mit der Politik, sondern unter der Beteiligung der Menschen in Offenbach, zum Beispiel über Workshops.
Damit die Bieber schon bald nicht mehr so stark über die Ufer tritt, haben sie auch schon eine Lösung gefunden, erklärt Umweltamtsleiterin Hollerbach. „Auf einer Länge von etwa 1,8 Kilometern verlegen wir die Bieber und geben ihr Schleifen und Bögen, damit sie mehr Raum bekommt und die Menschen nicht mehr so gefährdet werden.“
Über Offenbach und eine DWD-Studie zu Städtebau und Starkregen habe ich am 26.08.2021 crossmedial berichtet in Beiträgen für die tagesschau, tagesschau.de sowie in einer Live-Schalte mit tagesschau24.