Das einst prophezeite „Ende der Geschichte“ endete spätestens am 11. September 2001. Seitdem erleben wir „live“, wie die Weltgeschichte weitergeht.
„Und soeben erreichen uns folgende Informationen und folgende Bilder – aus dem World Trade Center in New York steigt dichter Rauch auf. Nach Berichten US-amerikanischer Fernsehsender ist eine zweimotorige Kleinmaschine in einen der beiden Türme gestürzt“, mit dieser Meldung aus der Tagesschau um drei beginnt am 11. September 2001 im Ersten Deutschen Fernsehen die Berichterstattung über die Terroranschläge in den USA.
Es war das erste große Nachrichtenereignis, an das ich mich erinnern kann. Ein beeindruckender Nachrichtenmarathon auf allen Kanälen: Claus-Erich Boetzkes und Ulrich Wickert senden im Ersten durch – mit Live-Schalten zu Claus Kleber in Washington, Rolf-Dieter Krause in Brüssel und Ulrich Deppendorf in Berlin. Steffen Seibert moderiert Stunde um Stunde im ZDF – unterstützt vom damaligen Auslandschef Dietmar Ossenberg. Und Peter Kloeppel schärft mit seinen kenntnisreichen Moderationen nicht nur das RTL-Informationsprofil – er wird auch dafür mit Fernsehpreisen ausgezeichnet.
Nachrichtenmarathon durch die Zeitgeschichte
Der von mir wegen seiner klaren Moderationen bewunderte Wolf von Lojewski bringt die Breaking News-Lage später im heute-journal auf den Punkt: „Welch‘ ein grauenvoller Dienstag. Irgendjemand hat Amerika den Krieg erklärt. Aber die hilflose Großmacht weiß noch nicht wer. Die weltpolitischen Auswirkungen der Terroranschläge auf Washington oder New York, sie sind noch nicht abzusehen.“
Tatsächlich, dieser Dienstag veränderte die Welt und die einstmals dem Ende geweihte „Geschichte“ erlebte einen neuen Anfang: Ein schockiertes Amerika, das sich in den „Krieg gegen den Terror“ stürzt. Zuerst in Afghanistan, dem damaligen Unterschlupf von Al Quaida. Dann der Sturz Saddam Husseins und die Besetzung des Iraks, nach deren Ende sich der Islamische Staat zunächst dort und dann auch in Syrien ausbreiten konnte. Und die damit verbundenen Folgen: Bundeswehrtote in Afghanistan, Anschläge in Europa, die Flüchtlingswellen.
Live dabei dank Korrespondenten
Und wir alle waren live dabei, nicht zuletzt wegen der herausragenden Leistungen der tapferen Berichterstattenden vor Ort. Da waren Ulrich Tilgner, Antonia Rados und Markus Gürne in Kabul und Bagdad. ARD-Korrespondent Jörg Armbruster berichtete live vom Tahrir-Platz in Kairo. ARD-Korrespondentin Susanne Glass lieferte ihre sensiblen Reportagen vom Bahnhof Budapest auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise. Matthias Werth berichtete von den Anschlägen in Paris und Natalia Bachmayer von denen in Barcelona.
20 Jahre nach dem 11. September 2001 hadert Amerika nach vier Jahren unter Donald Trump noch immer mit seiner Rolle in der Welt, nicht zuletzt wegen des Erstarken Chinas und seiner Weltmachtansprüche. Die Taliban hat die Macht in Afghanistan zurückerobert. Und auch der islamische Staat gibt sich nicht geschlagen, wie die Anschläge Ende August vor dem Flughafen von Kabul zeigen. Immer noch sind zahlreche Menschen auf der Flucht – ob in Afghanistan oder Syrien. Breaking News-Potenzial garantiert.
Die Welt verändert sich weiter
Und nun bin ich selbst nicht mehr nur Zuschauer, sondern auch Berichterstatter. Vertretungsweise für das ARD-Studio Südasien habe ich zum Beispiel von Frankfurt aus über die Lage nach dem Flughafen-Anschlag in Kabul berichtet, die aktuellen Entwicklungen für das ARD-Mittagsmagazin zusammengefasst. Und ich habe noch stärker gemerkt: Die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Die Welt verändert sich weiter. Und wir alle bleiben live dabei.