Mit dem Haushaltsgerätehersteller Haier geht erstmals ein chinesisches Unternehmen über die deutsch-chinesische Börsenplattform Ceinex an eine deutsche Börse. Wie dort gearbeitet wird und warum die Chinesen nach Europa drängen.
Ein helles Büro im Wolkenkratzer, Blick auf die Frankfurter Skyline, intensive Diskussionen auf Englisch an den Arbeitsplätzen – nur die vereinzelten Einwürfe auf Chinesisch deuten darauf hin: Hier bei Ceinex treffen Welten aufeinander. Ceinex – das ist die Kurzform für „China Europe International Exchange AG“. Eine deutsch-chinesische Börsenplattform, die erst vor drei Jahren im Beisein von Bundeskanzlerin Merkel und Chinas Ministerpräsident Li Keqiang gegründet wurde.
„Brücke zwischen China und Deutschland“
Dass das Joint Venture zu jeweils vierzig Prozent der Frankfurter und der Shanghaier Börse gehört, ist kein Zufall. Schließlich soll Ceinex den deutschen und den chinesischen Finanzmarkt enger zusammenbringen, sagt Han Chen, der stellvertretende Chef von Ceinex. „Für die Wirtschaft sind Finanzierungen so wichtig wie das Blut für Menschen“, so Chen. „Wenn Sie gesundes Blut haben, dann ist das sehr hilfreich für Sie. Sie werden stärker und robuster. Mit Ceinex möchten wir Brücken zwischen Deutschland und China bauen und so echte wirtschaftliche Kooperation ermöglichen.“
Doch das ist gar nicht so einfach. Wegen rechtlicher, aber auch kultureller Unterschiede. Knapp ein Dutzend Bilder von Teambuildingmaßnahmen an den Wänden zeigen: Die 20 deutschen und 25 chinesischen Mitarbeiter von Ceinex mussten erst mal selbst zueinander finden, um ihre verbindende Mission anzugehen. Dazu tragen auch die Kaffeeküche und der im chinesischen Stil eingerichtete Tee-Zeremonieraum bei, sagt Han Chen. „Er ist nicht nur bei unseren Gästen sehr beliebt. Und er zeigt: Hier bei Ceinex bringen wir wirklich Deutschland und China zusammen.“
Premiere mit Haier
Seit dem Start vor drei Jahren hat Ceinex bisher gut 70 Finanzinstrumente auf den Markt gebracht: ETFs mit chinesischen Unternehmen und grüne Anleihen, sogenannte Green Bonds. Und nun kommt mit Haier, dem chinesischen Hausgerätehersteller, endlich der erste Börsengang eines chinesischen Unternehmens bei Ceinex.
Gezeichnet werden konnten so genannte D-Shares, mit denen deutsche Aktionäre die gleichen Rechte haben sollen wie die in Shanghai. Das „D“ steht für Deutschland – oder wie man für Deutschland auf Chinesisch sagt: „Déguó“. Die Aktien stehen in einer Tradition mit anderen Zeichnungsstandorten für chinesische Unternehmens-Aktien: in einer Reihe mit Hong Kong (H-Share), Singapur (S-Share) oder New York (N-Share). Doch warum gerade Frankfurt? Han Chen, der stellvertretende Chef von Ceinex, sieht dafür zwei Gründe: „Zum einen wegen der Wirtschaftsstärke Europas. Zum anderen ermöglichen wir den chinesischen Unternehmen weitere Finanzquellen zu erschließen.“
Damit beim ersten Börsengang via Ceinex auch nichts schiefgeht, haben sich alle Mitarbeiter besonders ins Zeug gelegt, erzählt Produktentwickler Junjun Zhu: „In den letzten Monaten hatten wir hier alle keinen Urlaub mehr. Es ist halt schwierig, den ersten Durchbruch zu schaffen. Aber wenn wir das erstmal geschafft haben, dann werden sich bestimmt mehr chinesische Unternehmen in Deutschland listen lassen.“
Der größte Haushaltsgerätehersteller der Welt
Ein wichtiger Schritt auch für Haier. Die Chinesen bauen seit 1984 Kühlschränke, Waschmaschinen und Öfen. Sie sind dank der Übernahme der Hausgerätesparte von General Electric vor zwei Jahren Weltmarktführer. Einzig auf dem europäischen Markt hapert es. Deswegen geht es bei diesem Börsengang nicht nur um eine engere Finanzkooperation. Das frische Geld aus Europa will Haier auch im Konkurrenzkampf mit den hier so beliebten Mieles und Boschs nutzen. Alleine 73,5 Millionen Euro der Emissionserlöse sollen ins Marketing fließen und Haier hierzulande beliebter machen.
Für Ceinex ist Haier erst der Anfang. Ist die Pionierarbeit getan, sollen bald weitere Börsengänge chinesischer Unternehmen folgen. Genug Kontakte gebe es schon, sagt Katrin Otto, Finanzvorstand von Ceinex: „Viele Unternehmen stehen schon Schlange, um in Frankfurt gelistet zu werden. Das sind realwirtschaftliche Unternehmen aus dem Automobil-Sektor, aus der Logistik oder aus dem Energie-Sektor.“ Doch damit es soweit kommt, müssen auch die Anleger mitmachen. Bisher hatten es Unternehmen aus Fernost tendenziell schwer, auf Europas Finanzmärkten anzukommen. Auch das ist ein Grund, warum nicht nur bei Ceinex viele mit Spannung auf den Haier-Börsengang blicken.
Dieser Hintergrundartikel ist Teil eines crossmedialen Themenpakets zum ersten Börsengang eines chinesischen Unternehmens auf der Börsenplattform CEINEX am 24.10.2018 im ARD-Hörfunk und auf boerse.ARD.de.